Meine Haushaltsrede 2017 für die PIRATEN/UFW Gruppe der StädteRegion Aachen, vorgetragen durch Hans-Jürgen Fink

Sehr geehrte Damen und Herren,
wenn ich abends die Augen schließe, sich langsam der behutsame, beruhigende Zustand einstellt, in dem mein Bewusstsein in den Hintergrund rückt und die Eindrücke, die ich über den Tag, die Woche oder gar den Monat gesammelt habe, verarbeitet werden, stellen sich spannende Bilder ein, die ich nicht weiter für mich behalten möchte. Statt dieses Symptom jedoch stumpf in seiner Wirkung zu bekämpfen und einige sedierende Pharmaceutica hinzu zu geben, bin ich den aufwändigeren aber effektiveren und nachhaltigeren Weg der Ursachenbekämpfung gegangen und habe mich an ein Kernstück von Sigmund Freuds Psychoanalyse, die Traumdeutung gewagt.  Ich habe versucht fest zu halten, welche Elemente meiner Erinnerung, mich im Zustand der absoluten körperlichen Entspannung heim suchen, mich dazu nötigen sie auf zu arbeiten, meinem Gewissen zu entnehmen oder gar dieses, durch Kompensation dieser Elemente, zu erleichtern, um mich nachts fokussiert wieder mehr dem Themenbereich von gebratenen Hähnchen, frisch gezapftem Bier und Cabriofahrten durch die schöne Eifel widmen zu können. Für mich haben sich hierbei einige spannende Erkenntnisse ergeben. Auch wenn ich diesen Erkenntnissen durch meine Worte nicht im Ansatz die Illustration verleihen kann, die mir meine Vorstellungskraft in diesem Moment vor Augen geführt hat, möchte ich nun den Versuch unternehmen, mit ausreichend vielen Adjektiven zu jonglieren, um Ihnen einen Einblick in meine Erkenntnis zu ermöglichen, vielleicht werden Sie heute Nacht in ähnliche Erlebnisse eintauchen, vielleicht profitieren Sie jedoch bereits von meinen Erkenntnissen und können das Programm auf gebratene Hähnchen, frisch gezapftes Bier und Cabriofahrten eingestellt lassen.
Nutzen wir nun die folgenden 1 ½ Seiten meines Vortrags, die wir alle noch vor uns haben, für eine kleine Reise, einen Ausflug durch absurde Situationen, Geschehnisse und Erkenntnisse, die in einer traumhaft malerischen Szenerie stattfinden und gleichzeitig die innerlichen Konflikte meines Hypocampus widerspiegeln, um Sie alle an meinem Weg zur Erkenntnis teilhaben zu lassen.
Beginnen wir die „Traumreise“.  Gerne dürfen Sie nun die Augen schließen und sich langsam von meiner beruhigenden Stimme durch paradiesisch beschriebene, abstruse Situationen führen lassen. Stellen Sie sich gerne hierzu Wahlweise eine ruhig gezupfte Harfe oder einen plätschernden Bach vor, auf deren Wiedergabe mit Hilfe eines elektronischen Audiogerätes ich nun im Rahmen der Haushaltsdebatte, als erstes Signal der Einsparung verzichten werde.
Sie sind ausgesprochen müde, ihre Augenlider scheinen im Laufe des Tages das Gewicht eines ausgewachsenen, indischen Elefanten angenommen zu haben und lassen sich auch durch die Kraft, der soeben getrunkenen Espressi nicht mehr stämmen. Ihre Arme werden schwer und sinken langsam und behutsam in die Kissen der soeben frisch bezogenen, nach Blumenwiese duftenden, Bettwäsche. Durch die letzte schlichtförmige Öffnung Ihrer Augenlider dring ein blauer Schlimmer vom Fernseher, welcher einen Countdown runter zählt und schließlich eine altbekannte Melodie abspielt, bevor Jan Hofer Ihnen einen „schönen Abend“ wünscht. Das Bild wird unscharf, leicht verzerrt und etwas milchig, bevor es wieder gestochen scharf scheint und auch die Anstrengung der scheinbar geöffneten, schweren Augen, kein Stück mehr spürbar ist.
„Wir beginnen die heutigen Nachrichten mit einer Eilmeldung aus der StädteRegion Aachen…“ dröhnt es durch Ihr Schlafzimmer, als sie den Schlips, moment… hatten Sie nicht eben noch einen Pyjama an? Was solls…, wieder gerade rücken und sich aufrecht hinsetzen, als würde sich Jan Hofer mit Ihnen persönlich unterhalten.
„Wir schalten zu unserer Außenkorrespondentin Nadja Hahn, im ARD Studio Kalterherberg, einem weniger zentral angeordneten Teil der StädteRegion Aachen. Frau Hahn, was geht in Kalterherberg gegenwärtig vor sich?“ – „ Vor einer ehemaligen Schule, hier im schönen Kalterherberg, sind knapp 200 Zelte aufgebaut, das Technische Hilfswerk stellt vorrübergehend Duschen zur Verfügung,  das rote Kreuz stabilisiert einige kollabierte Schülerinnen, die Autobahnausfahrt der A44, Aachen-Lichtenbusch, zieht einen 10 Kilometer langen Stau hinter sich her, auch auf der daran angeschlossenen B258 Richtung Monschau ist mit ausschließlich zäh fließendem Verkehr zu rechnen. Die StädteRegion Aachen eröffnet am heutigen Tage, das zunächst auf Grund seiner stark abseitigen Lage, für einen geringfügigeren Tourismusmagneten gehaltene, Radkompetenzzentrum in Kalterherberg…“ Der rinnende kalte Schweiß auf ihrer Stirn lässt Sie aufschrecken und feststellen, dass das frischbezogene, so eben noch nach Blumenwiese riechende Lacken nach kürzester Zeit den Geruch des getragenen Mawashi, eines Sumoringers, nach einem erfolgreichen Kampf, angenommen hat. „Was ist passiert, was habe ich verpasst?“ den festen Entschluss gefasst, mit dem ersten Bus die Fahrt von 1:34 Stunden und 2 Umstiegen auf sich zu nehmen, um die Eröffnung des Radkompetenzzentrum mit erleben zu können, stellen sie ihre alte, zum Wecker umfunktionierte Fahrradklingel auf 5:30 Uhr, und fixieren wieder Jan Hofer. Längst hat sich ihre Nase an den inzwischen leicht schwitzigen Geruch der Bettwäsche gewöhnt und sie schmiegen sich leicht, in das weiche Kissen, mit verruchtem Teint. Ihre Augen schließen sich erneut wie ein automatisiertes Garagentor auf Knopfdruck, bis auf einen kleinen Schlitz und lassen erneut nur noch das Profil von Jan Hofer erahnen, „das Radkompetenzzentrum ist gar nicht mehr im Haushalt der StädteRegion veranschlagt“ hören sie noch bevor diesem blonde Locken wachsen und er in einem exzentrisch, schrill wirkendem Anzug an Thomas Gottschalk erinnert. „Der Vorverkauf hat begonnen, Lionel Messi gibt nach dem gelungenen Transfer zu einer Ablösesumme von 233 Millionen Euro, sein Auftaktspiel bei der Alemannia Aachen zu deren diesjährigen Meisterfeier am Aachener Tivoli. Damals habe ich gewettet, wenn Alemannia Aachen einmal Meister wird, veranstalte ich noch einmal „Wetten dass…“ im Aachener Tivoli. Unsere Außenwette diesmal, „Wetten dass, die Alemannia seit ihrem Fanprojekt weniger nationalsozialistische Fans hat, als Rechtspopulisten im Aachener Stadtrat oder StädteRegionstag?“
Jan Hofer, Thomas Gottschalk, Lionel Messi? – Sie schütteln sich, und erwachen langsam wieder, der erste, leicht verunsicherte Blick, durch die halb geschlossenen Augen gilt der Fahrradklingel auf dem Nachttisch. 3:23 Uhr. Puhhhh…. Ich habe die Eröffnung vom Radkompetenzzentrum nicht verschlafen, nein Moment, es gibt ja gar keins. Vielleicht schaff ich es aber noch zur Meisterfeier? Oder war das etwas auch nur ein Traum? – Hätte Thomas Gottschalk nicht behauptet, die Alemannia hätte seit dem Fanprojekt keine rechten Fans mehr, hätte ichs geglaubt.
Was für eine verkorkste Nacht. Ihr klitschnass, verschwitzter Pyjama birgt langsam die Gefahr auf eine Erkältung, die fiktive Unterhaltung ihres Hypocampus lässt auch zu wünschen übrig, der eigene Humor, der für solch, vollkommen unangemessen, überspitzte, satirische Darstellungen verantwortlich ist, auch. Schluss damit! – Denken Sie halb schlaftrunken und bewegen langsam und behutsam die Beine in die Birkenstock, die sich vor dem Bett befinden, während ihr Körper noch in der Horizontalen verweilt, wartend auf die Motivation, die da kommen wird, sich vollständig in die Sitzposition auf zu richten. Auf einmal sitzen Sie, vollkommen ahnungslos, wie sich ihr Körper in diese Position bewegt hat. Ihre Füße befinden sich weiterhin in den eigens für diese angefertigten Birkenstock, doch auf den Oberschenkeln  lastet ein Druck, als hätten sie an Boden unter den Füßen verloren. Das eben noch weiche, aber doch fest installierte Bett, welches Ihnen bis gerade eben noch als Sitzgelegenheit gedient hat, wirkt elastisch, dynamisch und biegsam. Sie bemerken, wie sie sich sitzend auf einem Sprungbrett mit der Aufschrift „GmbH“ befinden, die Beine baumeln über dem Schwimmbecken von Dagobert Duck, gefüllt mit etlichen Goldtalern. Aus dem Nebel, der sich um das Schwimmbecken zu befinden scheint tauchen immer wieder Mitglieder des StädteRegionstags auf, die mit traurigem Gesichtsausdruck Schubkarren vor sich her schieben und weitere Münzen ins das Schwimmbecken kippen. Der Blick nach rechts zeigt ein weiteres Schwimmbecken, voll mit Goldmünzen, in welchem einige Herren baden, während aus Ihrer Richtung der Ton eines Anrufbeantworters ertönt. „Guten Tag, Sie sprechen mit dem Anrufbeantworter der Regio- IT, leider sind wir momentan sehr beschäftigt, wenn Sie uns jedoch eine Nachricht hinterlassen, rufen wir gerne zurück.“
Das Geräusch der Fahrradklingel ertönt, sie bemerken, dass die Füße noch in den Birkenstock vor dem Bett stehen, ihr Körper aber offenbar bereits seit 2 Stunden auf die Motivation wartet, sich in die sitzende Position zu bewegen. Es klingelt an der Türe. Um 5:30?- in dieser Nacht gibt es nichts, was es nicht gibt. Durch die Glastüre dringen die ersten Sonnenstrahlen in den Flur, durch das Milchglas erkennen Sie vor der Haustüre die Silouette eines sichtlich motivierten Herrn mit Fahrradhelm, welcher offenbar kaum erwarten kann, dass Sie ihre Türe öffnen.
Sie öffnen die Türe und werden ganz überschwänglich begrüßt: „Einen wunderschönen guten Tag, ich komme Sie abholen, um mit Ihnen zur Haushaltsdebatte in der StädteRegion Aachen zu fahren“, überrascht Sie der Herr mit einem nunmehr weiteren wichtigen Termin am heutigen Tage. „Ich werde meinen Anzug brauchen und in diesem kann ich nicht mit dem Fahrrad zur Zollernstraße fahren. Ich werde ihn vollschwitzen, mit dem Helm meine Frisur ruinieren und wenn es unterwegs regnet, ist die Katastrophe perfekt.“ Entgegnen Sie. „Wir fahren besser mit dem Bus!“ – „Das habe ich bereits abgewägt, entgegnet ihr Gegenüber, der nächste Bus fährt erst in 3 Stunden, allerdings nur bis Brand, dort müssen wir umsteigen und sind erst nach 2 Fahrtstunden dort. Mit dem Fahrrad sind wir sicherlich schneller. Ein wenig schwitzen während der Fahrt, stört Ihre Arbeitskollegen, auch die die direkt neben Ihnen sitzen sicherlich nicht. Schließlich fahren inzwischen alle Mandatsträger mit dem Fahrrad zur Haushaltsdebatte. Keiner dort wird einen Anzug tragen. Mit einer Jack Wolfskin Regenjacke und einem warmen und gemütlichen Wollpulli fallen Sie vor Ort am wenigsten auf.“
Durch den Verlust der Möglichkeit der Einschätzung von realen Situationen und geistigen Fiktionen vollkommen Willenslos, legen Sie die wasserabweisende Outdoorkluft an und akzeptieren in ihrer eigenen Willenlosigkeit sogar den Vorschlag, einen minimalen Umweg über Eschweiler Körrenzig zu machen.
Auch wenn Sie sich nicht sicher sind, ob der Deodorant bisher erfolgreich war, oder wasserabweisende Kleidung auch von innen einfach nicht feucht werden kann, ist der Moment gekommen, in dem Ihnen auch diese beiden nicht mehr zur Seite stehen können. Sie treten mit aller Kraft und dem kumulierten Körpergewicht in die Pedale und bemerken nur die minimalste Rotation der Reifen. Der Gegenwind, der Ihnen ins Gesicht peitscht, lässt die Arme der Windräder so schnell rotieren, dass diese tatsächlich das geschlossene Motiv eines Rades darstellen. Entgegen aller wissenschaftlicher Prognosen, weht hier Wind, ausreichend Wind, um die gesamte Region um Tihange mit Strom zu versorgen.
Ihre Kraft schwindet dahin, sie schaffen es nicht weiter gegen den Wind an zu kämpfen, ohne jegliche Angst vor einem Sturz lassen Sie das Lenkrad los und werden sanft von dem Wind ins heimische Bett transportiert.
Alles riecht nach Blumenwiese, keine Schweißtropfen mehr im Bett, der Fernseher ist inzwischen in den Stand-By Modus gewechselt und der Wecker zeigt erst 5:29. In aller Ruhe stehen sie auf, trinken genüsslich einen Kaffee und rekapitulieren ihren Traum.
Nun meine Damen und Herren. Die Deutung dieser Traumreise obliegt ihren Interpretationsfähigkeiten, ihren Ansichten, die sie im Rahmen ihrer Sozialisation gesammelt haben und den Erfahrungen, die ihrem Charakter zu Grunde liegen. Ich persönlich habe daraus folgendes mitgenommen:
– Schön, dass wir kein Radkompetenzzentrum bauen. Auch Fördermittel müssen nicht für etwas eingesetzt werden, was schließlich niemand nutzen wird.
-Schade, dass wir einen Verein finanziell unterstützen, damit dieser in enger Sozialarbeit mit seinen Fans, gegen die Instrumentalisierung dieser durch das rechte Milieu vorgeht, hierbei jedoch kein messbarer oder auch nur subjektiv wahrnehmbarer Erfolg entsteht, dieser Verein sogar öffentliche Distanzierungen von diesem Milieu meidet.
-Schön, dass wir auf alternative Energien setzen, uns gegen Atomkraft einsetzen und Windräder bauen. Schade jedoch, dass wir vollkommen beratungsresistent entgegen bestehender Wirtschaftlichkeitsrechnungen und den Meinungen von Experten, diese an Stellen platzieren, an denen nicht ausreichend Windkraft vorhanden ist, um diese jemals rentabel zu nutzen.
-Schön, dass wir Radwege bauen, um den Bürgern der StädteRegion eine ökologische Fortbewegungsalternative zu bieten. Schade, dass der öffentliche Nahverkehr weiterhin vollkommen überfüllt ist, zu selten fährt, selbst kürzeste Strecken auf dem Land mehrere Stunden Fahrtzeit und mindestens einen Umstieg mit Wartezeit in Anspruch nehmen und hierfür auch noch Preise bezahlt werden müssen, die die Unkosten für den PKW Transfer deutlich überschreiten.
-Schade, dass wir die Möglichkeit geschaffen haben, durch „In-House“-Geschäfte mit der Regio-IT, die öffentliche, faire Ausschreibung von Dienstleistungen im IT-Bereich zu umgehen und dadurch nicht mehr darüber informiert sind, dass effektiverer Service deutlich günstiger angeboten wird.
-Schade, dass wir Zuschüsse für etliche Vereine und soziale Organisationen aus Gründen der Sparpolitik streichen, eine bereits wohlhabende und sich selbst tragende Organisation wie die Sprungbrett GmbH, die aus ihrer selbst Willen, eine soziale Organisation zu sein, eigentlich keinen Profit machen dürfte, mit Unmengen bezuschussen.
-Aber unabhängig von möglichen Uneinigkeiten: Schön, dass wir gemeinsam, über alle Parteigrenzen hinaus, gegen die Pannenmeiler in Belgien vorgehen und hier von jeder Seite, unermüdliches Engagement sichtbar wird!

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